In seinem täglichen „MorningBriefing“ schreibt der Chefredakteur des Handelsblattes, Gabor Steingart, über die heute anstehende Hauptversammlung der Praktiker Baumarkt AG. Deren Vorstandsvorsitzender muss seinen Aktionären erklären, wieso er im abgelaufenen Geschäftsjahr den Verlust verdreifacht hat und in der Profitabilität der Konkurrenz hinterher läuft.

Jeder von uns hat den Werbespot der Praktiker Baumärkte bestimmt im Ohr: „20 Prozent auf alles…“. Mit seiner aggressiven Preispolitik hat der Baumarkt lange Zeit seinen Mitbewerbern die Kunden abspenstig gemacht. Dass eine solche Strategie sich aber irgendwann verselbständigt und in eine „Rabattfalle“ führt, muss nun auch der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Werner erkennen.

Wie schon das Handbuch der Betriebswirtschaftslehre formuliert, sind Rabatte ein „Instrument zur differenzierten Preisgestaltung“. In Zeiten des Internet und nahezu vollkommener Märkte ist den Verbrauchern jederzeit ein Preis-Leistungs-Vergleich möglich, der zwischen den Anbietern zur verschärften Konkurrenzsituation führt. Will man sich als Anbieter dem entziehen, gewährt man eben Rabatte. Und startet damit einen Preiskrieg, der letzten Endes bei einer gegebenen Kostenstruktur nicht durchzuhalten und damit nicht zu gewinnen ist. Was Herr Werner nun auch erkennen muss.

Grundsätzlich gilt, dass Rabatte, wohl überlegt und gezielt eingesetzt, ein wertvolles Instrument der Absatzpolitik eines Unternehmens sind. Im Zuge einer Markterschließung kann es sehr wohl Sinn machen, eine zeitlang über einen reduzierten Preis neue Kunden zu gewinnen. Das gilt insbesondere für Massenmärkte mit preisbewussten Käufern. Wer aber in der Lage ist, Prämienpreise für hochwertige Produkte oder Dienstleistungen zu erzielen, sollte seine Rabattpolitik gut überdenken. Welchen Stellenwert hat mein Produkt oder meine Dienstleistung beim Kunden? Zu welchem Preis bin ich noch bereit, zu liefern oder zu leisten? Preise zu senken ist einfach, sie danach wieder zu erhöhen, fast unmöglich.

Dem englischen Sozialreformer John Ruskin wird das Zitat zugeschrieben, dass es immer einen gebe, der noch ein bisschen billiger und schlechter produzieren könne als alle anderen. In diesem Sinne sollten die Käufer die Angebote der Anbieter und Märkte auch bewerten: Wenn das identische Produkt bei einem Anbieter grundsätzlich weniger kostet als beim Wettbewerb, dann muss bei diesem Anbieter etwas schlechter sein als bei all den anderen. Seien es der Service, die Beratung, die Garantieleistungen oder sonst etwas. Kein Dienstleister und kein Unternehmen hat etwas zu verschenken – „Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten“ . Was spätestens mit dem Fall Praktiker bewiesen wäre.

Zu welchen irrwitzigen Auswüchsen die penetranten Werbebotschaften von Praktiker führen können, haben wir ja schon im vergangenen Monat belächeln dürfen.